Pferde sind faszinierende Athleten mit einem hochspezialisierten Atmungssystem. Ihre Atemwege sind nicht nur für die Sauerstoffversorgung des Körpers verantwortlich, sondern auch entscheidend für Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden und Gesundheit. Besonders bei Sportpferden spielen gesunde Atemwege eine zentrale Rolle – aber auch Freizeitpferde können unter Atemwegserkrankungen leiden. In diesem Blogbeitrag werfen wir einen genauen Blick auf den Aufbau der Atemwege des Pferdes, ihre Funktion sowie typische Erkrankungen und Präventionsmaßnahmen.
Anatomie der Atemwege beim Pferd
Die Atemwege lassen sich in zwei Hauptbereiche unterteilen: die oberen und die unteren Atemwege.
Obere Atemwege
Die oberen Atemwege umfassen:
- Nasenhöhlen: Pferde sind obligate Nasenatmer – sie atmen ausschließlich durch die Nase. Die Nasengänge sind eng und von Schleimhäuten ausgekleidet, die die Luft anfeuchten, erwärmen und filtern.
- Nasenrachenraum (Nasopharynx): Der Bereich hinter der Nasenhöhle, der die Atemluft zum Kehlkopf weiterleitet.
- Kehlkopf (Larynx): Er steuert den Luftdurchfluss und schützt die unteren Atemwege beim Schlucken.
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Luftsack (Diverticulum tubae auditivae): Eine Besonderheit bei Pferden. Diese luftgefüllten Ausstülpungen stehen in Verbindung zur Eustachischen Röhre und haben vermutlich eine Rolle bei der Druckregulierung und der Kühlung des Gehirns.
Untere Atemwege
Sie bestehen aus:
- Luftröhre (Trachea): Ein stabiler Luftweg, der vom Kehlkopf bis zu den Bronchien führt.
- Bronchien und Bronchiolen: Verzweigungen der Luftröhre, die die Luft in die Lungenflügel weiterleiten.
- Lungen: Dort findet der eigentliche Gasaustausch statt – Sauerstoff gelangt ins Blut, Kohlendioxid wird abgeatmet.
Ein erwachsenes Pferd hat eine beeindruckende Lungenkapazität von ca. 55 Litern. Beim Galopp kann ein Pferd bis zu 140 Atemzüge pro Minute erreichen, wobei sich Atmung und Galoppsprung synchronisieren (1:1-Kopplung).
Funktion der Atemwege
Die Hauptaufgabe des Atmungssystems ist der Gasaustausch: Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft gelangt über die Alveolen in die Blutbahn, während Kohlendioxid – ein Abfallprodukt des Stoffwechsels – aus dem Blut ausgeatmet wird. Zusätzlich erfüllen die Atemwege auch Schutzfunktionen:
- Filtration von Staub, Pollen und Mikroorganismen durch Flimmerhärchen und Schleimhaut
- Erwärmung und Befeuchtung der Luft
- Immunabwehr durch spezialisierte Zellen in der Schleimhaut
Häufige Erkrankungen der Atemwege
Pferde sind anfällig für verschiedene Atemwegserkrankungen. Diese lassen sich grob in infektiöse und nicht-infektiöse Erkrankungen einteilen.
Infektiöse Erkrankungen
- Pferdegrippe (Influenza): Hochansteckend, äußert sich durch Fieber, Husten, Nasenausfluss.
- Druse (Streptococcus equi): Eitrige Entzündung der Lymphknoten, besonders gefährlich in Stallgemeinschaften.
- Virale und bakterielle Bronchitiden: Häufig bei jungen Pferden oder durch Zugluft und Stress.
Nicht-infektiöse Erkrankungen
- Equines Asthma (ehemals COB oder RAO): Chronische, allergisch bedingte Atemwegserkrankung, ausgelöst durch Staub, Schimmelsporen oder Pollen.
- Kehlkopfpfeifen (Larynxparalyse): Vor allem bei großrahmigen Pferden. Eine Nervenlähmung führt zu Atemgeräuschen und Leistungsminderung.
- Lungenbluten (EIPH): Besonders bei Rennpferden unter hoher Belastung. Kleine Blutungen in der Lunge können zu Husten und Leistungsabfall führen.
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Dämpfigkeit: Dämpfigkeit gilt als Endstadium einer chronischen Lungenerkrankung – meist die Folge von langjährigem, unbehandeltem oder schlecht gemanagtem Equinem Asthma.
Symptome bei Atemwegserkrankungen
Frühe Anzeichen sollten nicht ignoriert werden:
- Husten, vor allem beim Antraben
- Nasenausfluss (klar, eitrig oder blutig)
- Leistungsabfall, Atemnot, schnelle Ermüdung
- Geräusche beim Atmen (Pfeifen, Röcheln)
- Erhöhte Atemfrequenz in Ruhe
Vorbeugung und Management
Viele Atemwegserkrankungen lassen sich durch gutes Management vermeiden:
Stallklima
- Staubarme Einstreu: z. B. Späne, Leinstroh oder spezielle Pellets
- Gute Belüftung ohne Zugluft
- Regelmäßiges Misten zur Reduktion von Ammoniak und Pilzsporen
Fütterung
- Nasses oder bedampftes Heu: Reduziert Staub und Keime
- Heulage als Alternative, besonders für empfindliche Pferde
Bewegung und Training
- Regelmäßige Bewegung fördert die Lungenfunktion und stärkt das Immunsystem.
- Vermeidung von Überbelastung – besonders bei jungen oder untrainierten Pferden.
Impfungen und Hygiene
- Schutzimpfungen gegen Influenza und Herpesvirus
- Quarantäne bei Neuzugängen im Stall
- Desinfektion von Transportern und Stallboxen
Fazit
Die Atemwege des Pferdes sind ein empfindliches und leistungsstarkes System. Schon kleine Störungen können sich massiv auf Gesundheit und Leistung auswirken. Ein gutes Stallklima, staubarme Haltung, regelmäßige tierärztliche Kontrollen und eine frühzeitige Behandlung bei Symptomen sind entscheidend für die Gesundheit der Lunge. Wer seine Pferde aufmerksam beobachtet und auf Prävention setzt, kann vielen Problemen effektiv vorbeugen und sorgt für eine freie Atmung – die Basis für ein gesundes, leistungsfähiges Pferd.
Quelle: Martina Hemm Januar 2025